DAS GEHEIMNISVOLLE HAUS
Warum ich etwas über die Wellenlänge von Lack gelernt habe
Projekte, bei denen ich etwas Neues lerne, sind mir die liebsten.
Bei MOSES ist nun ein 3D Escape Kartenspiel von mir erschienen, mit Illustrationen von Folko Streese.
Mein erstes Escape Spiel.
Nicht mein erstes Rätselspiel - das habe ich 2016 als Auftragsarbeit für AlogO, ein IT Unternehmen gemacht (Zielgruppe: Erwachsene).
Ein paar Eckdaten waren schon vorher klar:
- Es soll mehrmals spielbar sein – also nicht beim Spielen kaputt gemacht werden.
- Es soll für Kinder ab 7 oder 8 Jahren spielbar sein.
Also nicht zu viel Text, nicht zu lang von der Spieldauer.
Und trotzdem nicht zu einfach. Und nicht zu schwer. - Die Rätsel sollten auf Karten sein.
- Mit 3D Material.
Hui!
So eine Karte ist nicht besonders groß.
Und Rätsel, die sich mit wenigen Worten erklären lassen und trotzdem unterschiedlich sind, müssen erstmal ausgedacht werden. Und die als Rätsel selbst zwar optisch funktionieren, aber nicht viel Platz brauchen.
Ganz schön kniffelig, was da alles ineinandergreifen muss:
- Spielregel
- Rätsel
- Abfolge und Verknüpfung der Rätsel
- Tipps, die helfen, aber keinen Hinweis auf die Abfolge oder die Lösung geben
Ich habe mich also in Rätsel für die Altersgruppe eingegraben und mit dem Blick auf die Eckdaten ausgetüfftelt, was wie sein muss, um passen zu können.
Gut, dass ich auch selbst gerne zeichne.
Ich hatte mir UV-Elemente in den Kopf gesetzt. Auf dem Prototypen habe ich die entsprechenden Elemente mit einem UV-Stift gezeichnet, eine Mini UV-Lampe half den Testkindern aus dem Hort beim Lösen der Rätsel.
3D wurde ein Haus zum Zusammenstecken. Es steht in der Schachtel. Und auf dem Haus sind na klar auch Rätsel versteckt.
Die Spieldauer habe ich über mehrere, aber allesamt auf dem Tisch liegende vermischte Missionen gesteuert.
Dann kam der Tag der Abgabe. Und die Zeit des Wartens. Für mich.
Für die Spieleredaktion, die den Prototypen dann auf dem Tisch hat, beginnt spätestens jetzt die Arbeit an dem konkreten Projekt.
Denn ein Prototyp bedeutet im Spielebereich - anders als z.B. im Design Thinking - ein spielbares, getestetes Einzelstück.
Aber es ist eben ein Proto.
Ein Einzelstück.
Ein selbstgebautes Einzelstück, das in diesem Fall später produziert nun so aussieht:
Die Spieleredaktion bzw. der Verlag und diverse freie Mitarbeitende erarbeiten u.a.:
- Die Kalkulation. Durch die in den letzten Jahren massiv gestiegenen Kosten nicht nur der Papierpreise ist das vor allem bei Projekten, die nicht nur Standardmaterial enthalten, eine besondere Kunst.
- Illustrationen, die definiert, beauftragt, erarbeitet, abgestimmt werden müssen. Für alle Bestandteile.
- Stanzteile für das 3D-Haus müssen entworfen, kalkuliert und und gestaltet werden.
- Alle Texte gehen durch mehrere Mangeln.
- Die Gestaltung aller Bestandteile muss geplant, gemacht und korrigiert werden.
- und und und und und und ...
- In den Abstimmungen mit der Spieleredaktion habe ich neben anderen Dingen gelernt:
Die Rätsel, die nur mit Hilfe der UV-Lampe lösbar sind, werden in einem separaten Druckvorgang mit UV-Lack auf die Karten und das Haus gedruckt. Der UV-Lack, der dafür genutzt wird, muss zu der Wellenlänge passen, die die UV-Lampe hat.
Sonst zeigt die UV-Lampe:
NICHTS.
Oh, spannend! Ich beantrage, UV-Stifte und UV-Lampen in den Physikunterricht zu integrieren, umgehend. Unter Beachtung der Wellenlängen natürlich ...
Hier geht es zu einem kurzen Erklärvideo.
Und hier kann das Spiel direkt beim Verlag bestellt werden.
Funfact
Folko Streese, den Illustrator des Spiels, habe ich vor einigen Jahren per Zufall im Zug kennengelernt.
Es war ein später Zug von Frankfurt nach Berlin, ich war mit Antje Hagemann auf der Buchmesse gewesen, nun waren wir auf dem Rückweg.
Dann blieb der Zug stehen, mitten auf der Strecke.
Bei normalen Zugreisen ergeben sich ja heutzutage kaum noch Gespräche mit Unbekannten, JedeR ist mit Kopfhörern oder/und irgendeinem technischen Gerät in der jeweils eigenen Welt. Doch eine Zugpanne sorgt nach wie vor für Kommunikation unter den Reisenden. Das Abteil war nur leicht gefüllt … Folko saß ein paar Sitze weiter, durch die Panne kamen wir ins Gespräch über Bücher, Spiele, Konzepte und Illustration im Allgemeinen. Die nächtliche Wartezeit verging mit guter Unterhaltung. So erfuhr ich auch, dass er bereits für Moses illustriert hatte. Und nun gibt es ein Spiel, auf dem unsere beiden Namen stehen!
Die Eckdaten
DAS GEHEIMNISVOLLE HAUS
Verlag: Moses Verlag
Ein 3-D-Rätselabenteuer von Anja Wrede
Illustration: Folko Streese
Presse & Stimmen:
Das Spiel SPITZE SKIZZE: Von analog zu digital … und wieder zu analog
Das Spiel SPITZE SKIZZE von Christoph Cantzler und mir hat viele Veränderungen erfahren.
Und es hat einen Vorgänger: STICKMAN ist 2017 bei Helvetiq erschienen.
STICKMAN ist dabei Vorgänger im Sinne der Gestaltung bzw. des Themas:
In beiden Spielen geht es um Strichmännchen bzw. Streichholzfiguren.
Bei SPITZE SKIZZE jedoch – unser Arbeitstitel war PERFECT MATCH – war von Anfang an das Ziel, das eine Person eine Karte mit einer Figur hat. Aufgabe der anderen Spieler:innen war und ist es, herauszufinden, wie genau die Figur aussieht, bzw. wie die einzelnen Elemente (Kopf, Körper, Arme und Beine) angeordnet sind.
Ursprünglich war unser Proto ein Legespiel – der Kopf war ein Knopf mit versetzten Augen, Körper, Arme und Beine wurden mit Streichhölzern gelegt.
Christoph und ich mögen gerne Spiele mit Material und beim Testen gab es auch gute Rückmeldungen:
- Es fühlt sich einfach schön an, Figuren zu legen.
- Es entsteht etwas beim Spielen ... und das habe ich gemacht.
- Ich sehe, was ich tue.
- Jede kleine Figur hat eine eigene Persönlichkeit.
- Beim Testen gab es immer kleine, emotionale Nebenbeigeschichten.
- Falko sagte in einer der Testrunden:
„Oh, da gibt es ja Knopfaugen im wahrsten Sinne des Wortes!“
Doch zurück zum Spiel selbst:
Eine Karte ist sozusagen die Vokabelkarte. Sie zeigt, welche Figuren möglich sind.
Eine Figur wird gelegt, es gibt eine Rückmeldung … und es gilt die richtigen logischen Schlüsse zu ziehen, um die Figur richtig zu legen. Doch auch Glück ist im Spiel.
Wer die Figur richtig gelegt hat, bekommt die Karte zur Belohnung.
Dann kam die Pandemie. Miteinander am Tisch spielen war unmöglich.
Ich versuchte von Anfang an zu verstehen, wie digitale Treffen gehen, vor allem auch private Treffen.
Versuchte zu verstehen, was neben dem Reden in der digitalen Begegnung möglich ist, mit Zoom oder Jitsi.
In dem Zusammenhang entstand 2020 auch ein Video über Spiele, die digital miteineinander spielbar sind (Ich reibe mir immer noch die Augen: Ende April 2023 hat es mehr als 16.000 Klicks).
Dann entdeckte ich das digitale Whiteboard, an dem gemeinsam gezeichnet werden kann. Und so veränderte sich unser Spiel. Unsere Idee war dann, zusätzlich zur analogen Version eben auch die interaktive digitale Version anzubieten, mit einem PDF zum Download, das die Malfelder zeigt.
Wir spielten es digital mit Freund:innen, die weit verstreut waren, aber dann auch analog auf Papier als Zeichenspiel bei den Begegnungen, die möglich waren.
Mit Erwachsenen und Kindern.
Es war toll: Kritzeln macht Spaß.
An Strichfiguren trauen sich alle Menschen heran – auch die, die von sich denken, nicht zeichnen zu können.
Strichfiguren bekommen sofort Charakter, es reichen kleine Details aus.
Dann zeigten wir das Spiel mehreren Verlagen, darunter auch SCHMIDT SPIELE.
Hatten wir noch gedacht, es ist das Besondere, dass Erwachsene im Spiel zeichnen oder Figuren legen „dürfen“ war die Herangehensweise des Redaktionsteams rund um Meike Wilken genau anders herum:
- Das Spiel ist perfekt als generationenübergreifendes Spiel geeignet. Denn das Lernen und Verstehen der logischen Überlegungen passiert beim Spielen.
- Eine kooperative Spielregel sorgt dafür, dass gemeinsam gelernt wird und Alle vom Wissen profitieren und lernen können.
- Logische Fehler, die Kinder – aber auch Erwachsene – machen, werden durch die Gruppe ausgeglichen und gemeinsam getragen.
- Richtige Rückmeldungen zu geben ist bei dem Spiel nicht ganz ohne – es geht am Besten, wenn in Teams gespielt wird.
- Insgesamt ist das Spiel nun kooperativ, alle helfen mit und überlegen gemeinsam, wo sich welche logischen Hinweise verbergen.
Im Spiel kann es übrigens sein, dass ALLES falsch ist.
ALLES falsch heißt: Alle vier Elemente der Figur sind falsch gezeichnet.
Aber: Anders als bei den meisten anderen Situationen ist das nicht schlimm, zumindest nicht in der Grundversion.
Im Gegenteil.
Es ist toll.
Denn es bedeutet in der Grundversion, dass nun alles anders gezeichnet werden muss … und alles ist richtig!
Auch in der Profiversion hilft es sehr, wenn alles falsch ist.
Einen Text, in dem ich über Fehler schreibe, die mir immer wieder passieren, gibt es hier.
- Die digitale Version ist übrigens nun - 2023 - für den Verlag kein Thema mehr.
- Auch das Legematerial hat es nicht in das Spiel geschafft.
- Aber ein superdicker, doppelseitig bedruckter Block.
- Die Gestaltung ist auf die Zielgruppe hin angepasst.
- Die Karten sind in eine Grundversion und eine Profiversion aufgeteilt.
Im März 2023 ist das Spiel Spitze Skizze nun bei Schmidt Spiele erschienen.
Hier gehts zum Erklärvideo ... mit einem sehr sehr tollen Erklärteam!
Die Eckdaten
SPITZE SKIZZE
Verlag: Schmidt Spiele 2023
Ein Spiel von Anja Wrede & Christoph Cantzler
Redaktion: Meike Wilken
Illustration: Michel Verdu
Grafik: Fiore GmbH
Presse & Stimmen
Brettspielblog.ch
CoBo - Cooperative Board Games - kooperative Spiele (YouTube Kanal)
"Zu Spitze Skizze kann ich zusammenfassend sagen: Einfach erklärt, einfach hergerichtet, einfach spielen!"
Nicole Landgraf auf reich-der-spiele.de
Copy cat ... nun hat es auch mich erwischt
In diesem Artikel (s.u.) geht es um ein Plagiat
(Deutsche Kurzfassung inklusive Kommentar)
Da die Plagiatoren in China sitzen, habe ich den Artikel auf EN verfasst.
Ja, China ist weit weg und machen kann ich nix.
Auch mein Verlag JOLLY THINKERS aus Hong Kong kann nicht wirklich etwas machen (Kontakt- und Schlichtungsversuche sind im Sande verlaufen).
Ja, Plagiate kommen immer wieder vor, oft in weit größerem Umfang.
Nicht nur im Bereich der Spiele.
Ein soooo großes Thema!
Und wer hat noch im Blick, dass die FIDGET SPINNER irgendwann von jemand entwickelt worden sind, bevor die Nachahmungen die Welt überschwemmt haben?
Oder dass es irgendwann auch den allerersten MONOBLOC-Stuhl gab? (Podcast und Doku und Buch erzählen die Geschichte).
Aber zurück zum Thema des Artikels.
Die Bilder hier und im Artikel zeigen es:
Mein Spiel KARLA KUCHENFEE (EN Titel: Moo’s Code) wurde von einer Firma in China zu fast 100% plagiiert.
Geändert hat die Firma BIG BEAR AND BEE für ihr Plagiat SANDWICH RECIPE nur die Hauptperson und die Zutaten: Aus der Kuh wurde ein Schwein. Es wird kein Kuchen gebacken, sondern ein Sandwich zusammengestellt.
Identisch sind:
- Die Art und Anzahl der Karten
- die Abbildungen auf den Karten (Dinge und an den Silben der Dinge entsprechende Klopfsymbole)
- die Gewinnbedingung
- der Holzlöffel zum Klopfen der Silben
… alles identisch.
Leider insgesamt in einer so guten Qualität, dass es wirkt wie eine Lizenzausgabe.
Eine Lizenzausgabe wurde bedeuten:
Der Verlag, der die Rechte hat … und ich als Urheberin bekommen unsere Leistung vergütet.
Aber leider ist das Spiel keine Lizenzausgabe.
Sondern ein Plagiat.
Der Artikel ist zuerst am 07.03.2023 auf Board Game Geek erschienen.
Vielen Dank an Eric W. Martin für den entsprechenden Support.
Auch die Berufsvereinigung der Spieleautoren SAZ, deren Mitglied ich bin, weist in einer Pressemitteilung auf den Fall hin.
Und ebenfalls im März 2023 gibt es einen weiteren Fall zu dem Thema - und der spielt in Deutschland. Alle Infos zu "Unfinished Business" ... einem Plagiat von BIG DEAL von Brent & Jeffrey Beck sind ebenfalls auf der Seite der SAZ nachzulesen.
Moo's Code...and an Incredible Copy
My Name is Anja Wrede and I am a game designer from Germany.
Mostly I am working on children’s games and the topic of this article is one of my children’s games.
Its first edition is called KARLA KUCHENFEE – it was first published in Germany in my own publishing house in 2010. I designed the game and the drawings as well.
Then, the game went on and till now it has been licensed to publish in several countries. The first one was France – the game is entitled “CAROLE ET SES DROLES DE RECETTES”, then other countries followed. I am happy that for quite some years Jolly Thinkers has published the game as “MOO’S CODE/ MOO斯密碼” in several countries.
To get an overview you might take a look at the feed on BGG
So what is special about the game?
- When you look at it, the first thing you see is the wooden spoon.
- The second thing you see are different cards with pictures and dots.
- A player gets the spoon and a card that shows him what to do – how many times he should tap on the table to show the combination of items he is looking for. He strikes one to four taps for each item. In between two items, he stirs the spoon to show that the signal for an item is done and there will be another one.
- These signals are fixed to the syllables of the items – so it is easy to remember them. And by the way: it is fun, and it is learning as well.
- The other players listen and then look through all the cards on the table for the matching one.
- And there is a mouse on some cards: The player screams to signal this card each time it appears.
- To facilitate the learning of the tapping structure, all players receive an aid card. It shows the picture and the signals.
- Because the game is based on syllables, the items used in the game are different in the different language versions.
So why I am writing all these?
Looking at these pictures, you see several versions of the game.
One is different from all others.
Oh, it is obvious, you will say: Only one shows a pig, all others show a cow.
You are right about this point, but this is not the point I want to tell you about.
So what is the point?
Well, besides the material, they all look the same.
Even the themes are the same: Looking for something to eat.
One of these is not a licensed version.
One of these games is a copy.
It is SANDWICH RECIPE (BIG BEAR AND BEE), the game with the pig.
It is even made nicely, with nice material and nice graphics … when you see it you might think: Oh, it’s a new licensed version of KARLA KUCHENFEE/MOO`S CODE, looking nice as well.
No, it is not.
It is 100% a copy: the number and types of cards, the number of items, the spoon, and even the winning situation are all the same as those of my game.
Oh, ok, only 99% resemblance because they turned the cow into a pig.
The Company “BIG BEAR AND BEE” is from China.
They started producing the copied version in 2022.
Looking at the backside of the box, you even see they care about the formal information that should appear on a game box.
They are trying to sell the game to companies as if they designed it and own the rights.
This is not true.
Not at all.
So what can we – Jolly Thinkers, the publisher, and me, Anja, the designer – do?
We like to play games and we would like to talk if there is something wrong.
We like to follow rules, while playing and while working in games as well.
- Well, the situation about the rights is difficult.
- And it is difficult to reach this company in China. We tried to reach out but did not receive any answers to our request.
- How could I and how could the publisher even take care for the rights all over the world?
- How could we even notice if there is a copy somewhere?
- How could designers and publishers earn their living if others just take the ideas and copy them and earn their money with the ideas and the work of someone else?
- These are only one of the questions that should be talked about.
So, one answer is to talk about and show what happened to as many people as possible.
So please share this article.
So please tell Jolly Thinkers and me if ever you see any copied versions like SANDWICH RECIPE without my name on it,
or show the copycats on social media and identify them as a copy.
Let’s stay together and hope that this copy market will not grow.
Thank you,
All the best,
Anja Wrede
Read the article and the comments on BGG/ Designer Diary:
Tom Vasel shows the american Version of the game in this Video